Zur Geschichte
der Kirchenmusik
in der Pfarrkirche St. Nikolaus zu Mauthausen
Die Anfänge der Kirchenmusik Mauthausens sind wohl dort zu suchen, wo
die Anfänge der Pfarre Mauthausen liegen. Darüber ist allerdings nichts mehr überliefert.
1420 schied die Pfarre Mauthausen aus der Pfarre Ried aus und wurde zur
Filialpfarre erhoben. Der Kirchenpatron St. Nikolaus, dem die ältesten Kirchen
an den Wasserstraßen geweiht sind, lässt darauf schließen, dass es in
Mauthausen schon sehr bald kirchliches Leben gegeben hat. Mitte des 16.
Jahrhunderts erwachte der Protestantismus in Mauthausen. 1619 berichtet der
katholische Pfarrer Moritz (Mauritius) Stark dass „bei Leichenbegängnissen
noch immer protestantische Lieder gesungen werden.“
17. Jahrhundert
1632 war in der Nikolauskirche noch „keine Orgel sondern ein bloßes
Regal. Dieses wurde auf Veranlassung des damaligen Pfarrers Simon Zettel Dechant
zu Rohr in Bayern von Michael Montag Organist zu Spitz repariert. 1647 ist es
abermals durch Ulrich Schwinger (?) repariert worden.“
Der erste Kirchenmusiker, den wir namentlich kennen, heißt Mathias
Haydinger († Jänner 1683). Er war
Schulmeister der hiesigen Schule, welche eine sog. Pfarrschule war und somit
dem Stift St. Florian unterstand. Die Aufgabe des Schulmeisters erstreckte sich
auch auf den Chordienst: In der Ratssitzung vom 3. Dezember 1674 wurde
entschieden, dass „der Schulmeister in Sachen des Kirchen- und Chordienstes
dem Pfarrer, in Schulsachen jedoch dem Rat“
folgen muss. Die Musikalität bzw. die Bereitschaft zum Chordienst in der Kirche
war, wie wir später noch sehen werden, ein Anstellungserfordernis.
18. Jahrhundert
Im Jahre 1710 erhielt die Nikolauskirche die erste „richtige“ Orgel: „Die
gegenwärtige Orgel wurde 1710 erbaut als Theophilus Dierleber, ein Florianer,
Pfarrer war, der Orgelmacher hieß Franz Frosch von Landau aus Niederbayern
gebürtig. Johann Deuther Bürger und Zöchprobst zahlte ihm 224 fl dafür.“ Die Familie Frosch war eine
Orgelbauerdynastie, die im 18. Jh. im Raum München nachweisbar ist.
Eigenartig ist, dass Mayr in der Geschichte des Marktes Mauthausen
feststellt: „ ... 1720 wird vom Orgelbauer Josef Limayr eine neue Orgel aufgestellt.“
Mayr gibt nicht an, woher er diese Information (1720 – Limayr) bezieht.
Da er für seine Geschichte des Marktes Mauthausen in anderen Zusammenhängen die
Aufzeichnungen des Kaplans Wimmer verwendet, sind sie ihm also bekannt gewesen.
Wie diese Diskrepanz zu erklären ist bleibt dahingestellt. Die Wimmersche
Version (1710 – Frosch) erscheint zuverlässiger, da sie zu einer Zeit verfasst
wurde, als die Orgel noch in der Pfarrkirche stand, wogegen Mayr seine
Geschichte des Marktes 1907 verfasst, als die Orgel schon durch eine neue
ersetzt war.
Über der Zeit des damaligen Orgelneubaus konnten leider keine
Informationen über Kirchenmusiker gefunden werden.
Exkurs: Mozart in Mauthausen
Auf seiner Reise nach Wien zur Kaiserin Maria Theresia war das 6-jährige
Wunderkind W. A. Mozart (1756 – 1791) vom 4. auf den 5. Oktober 1762 zu Gast in
Mauthausen: Vater Leopold schreibt dazu in seinem Brief vom 16. 10. 1762 an
seinen Freund Lorenz Hagenauer: „An dem Fest des hl: Francisci sind wir
nachmittags um halbe 5 von Lintz mit der sogenannten Wasser-ordinaire
abgereiset, und selbigen tag bey finsterer Nacht um halb 8 in Matthausen
angelanget.“
Weiters wird berichtet, dass Wolfgang wegen des schlechten Wetters einen „Catharr“
hatte und sofort ins Bett gebracht wurde. Vater und Schwester pflegten ihn so
fürsorglich, dass man am nächsten Tage schon den Morgengottesdienst in der
Pfarrkirche besuchen konnte. Mozart soll dabei die Orgel gespielt haben. Weil
man auf Reisen nicht ständig das Reiseklavier auspacken wollte, lernte Wolfgang
Orgel zu spielen, so hatte er auch unterwegs in jeder Kirche ein Instrument zum
Üben. Das Haus in dem die Familie Mozart in Mauthausen übernachtet hat ist
nicht bekannt. In einem – nicht näher bestimmbaren Zeitungsartikel vom 16. 9.
1962 aus der Pfarrchronik wird erzählt dass die Mozarts „im Hause Kieter“ übernachteten.
In der Schulchronik der Volksschule erfahren wir in der Folge von Ignaz
Gräßl (Schulmeister 1760 – 1769), von Bernhard Benedict (Schulmeister 1769 –
1819), welcher „als Regens=Chori von der Kirche Stiftungsbezüge 49 fl.“
erhielt, sowie von Ignaz Frauengruber (Schulmeister 1819 – 1835).
19. Jahrhundert
Mit Carl Nefischer (* 1. 11. 1804 † 24. 5. 1875) begegnen wir einem
Kirchenmusiker, der in Mauthausen wohl einiges in Bewegung gebracht hat. Bei
der Bestellung zum Schulmeister (1835) wurde er seinem Mitbewerber Holzinger,
der „schwach in der Musik“ gewesen sei, vorgezogen. „Es soll einer im
Unterricht auch in der Musik tüchtig sein.“
„Er war damals 31 Jahre alt, von Sct. Florian gebürtig,
durch 14 Jahre Gehilfe in Sct. Florian, Hörsching, wieder in S. Florian, dann
in Linz bei den Capuzinern. Sein Gehilfenzeugnis v. 7. April 1821 war besonders
gut, alle übrigen Zeugnisse sehr empfelend; wird auch geschildert als sehr
geschickt im Orgelspiel, auf der Violin und mehreren anderen Instrumenten.“
Am 12. Oktober 1858 inspizierte der damals amtierende Schulinspektor
Adalbert Stifter die hiesige Schule. In seinem Bericht listet er die Einkünfte
des Lehrers (Nefischer) auf. Unter anderem erhielt er „Von der Marktgemeinde
als Mesner und Organist 36 fl.“, „Von der Kirche als Mesner 26 fl“ und „An
Stiftsmessen für Orgelspiel 32 fl“.
Carl Nefischer muss ein sehr aktiver Kirchenmusiker gewesen sein. Aus
seiner Zeit sind im Musikarchiv unserer Pfarre zahlreiche von ihm handgeschriebene
Noten, darunter befinden sich neben kirchenmusikalischen Kleinmeistern auch
eine ganze Reihe bedeutungsvoller Werke, so etwa Messen von W. A. Mozart, Josef
und Michael Haydn, Luigi Cherubini, Antonio Diabelli, Joseph Eybler um nur
einige wichtige Namen zu nennen. Sogar vollständige Stimmensätze von Beethovens
„Messe in C“ und des Oratoriums „Die sieben letzten Worte Jesu...“ von Joseph
Haydn sind erhalten. Nefischer hat sie vermutlich zu Studienzwecken
abgeschrieben (um 1847). Es sind keine Spuren einer Aufführung erkennbar.
Bemerkenswert ist, dass uns Nefischer eine Reihe eigener Kompositionen
hinterlassen hat:
3 Messen (Missa in D, Missa in Es, Missa in G), 4 Requiem, 4 Tantum
ergo, ein Offertorium in A, ein Graduale in B, eine Litanei in C
Von allen damals verwendeten Werken existieren (gebrauchte)
Orchesterstimmen, die auf ein gut besetztes Kirchenorchester schließen lassen. Dies wird wohl auch der
Grund sein, warum 1852 eine hölzerne Emporenbrüstung gebaut wurde. Damit
schaffte man Platz für Sänger und Musiker.
Nefischer war auch erster Chormeister des 1860 gegründeten
Männergesangsvereines „Liedertafel Mauthausen“. Er übte dieses Amt bis 1867
aus.
1871 kam Herr Johann Salzbauer als Lehrer an die Mauthausener
Volksschule. Er übernahm 1872 die Schulleitung: „Hr. Karl Nefischer, welcher
nicht mehr recht gehend war, ging in Pension, September 1872, und Salzbauer
wurde prov. Leiter der Schule. Die Geschäfte der Schulleitung begannen für
Salzbauer mit 1. August 1872.“
„Herr Johann Salzbauer ist im Jahre 1834 in Wösendorf, Bezirk Krems,
geboren, hat die Lehrerbildungsanstalt im Jahre 1853 in Wien absolviert, kam
dann als wohlbestallter Schulgehilfe mit einem Jahresgehalte von 20 fl. nach
Mittelberg bei Langenlois, war dann als Lehrer in Spitz, St. Florian und
Weißkirchen in Niederösterreich thätig und kam im Jahre 1871 nach Mauthausen.
Derselbe hat auch als Pomologe Hervorragendes geleistet, wurde wiederholt als
solcher und im Jahre 1893 mit der großen silbernen Ehrenmedaille ausgezeichnet
und war Ehrenchormeister der Liedertafel Mauthausen“
Salzbauer trat schulisch wie kirchenmusikalisch in die Fußstapfen seines
Vorgängers. Auch von ihm sind zahlreiche Notenhandschriften erhalten, so etwa
eine Abschrift (Klavierauszug und Stimmen) der Krönungsmesse von Mozart.
Komponiert dürfte Salzbauer nicht haben. Zu ihm gesellte sich 1887 der Lehrer
Julius Oßberger, der zuvor Leiter der Volksschule Dimbach war. Oßberger war
dort gewissermaßen der „Entdecker“ des berühmten, in Dimbach geborenen Franz
Xaver Müller. Er erkannte dessen musikalisches Talent, unterrichtete ihn mit
großem Idealismus und ebnete ihm den Weg ins Stift St. Florian zu den
Sängerknaben. Dort lernte er Bruckner kennen, wurde Augustiner Chorherr in St.
Florian und Priester, später Stiftsorganist und Regens Chori in St. Florian,
Musiklehrer am bischöflichen Lehrerseminar und schließlich 1924
Domkapellmeister in Linz. Franz
Xaver Müller war zweifellos einer der ganz großen Kirchenmusiker
Oberösterreichs. Es dürfte ein reger Kontakt der Mauthausener Kirchenmusiker zu
Müller bestanden haben. So reiste er des öfteren als Orgel-Aushilfe nach
Mauthausen. In vielen Notenhandschriften im Musikarchiv der Pfarre sind
Anmerkungen von seiner Hand erhalten.
Doch zurück zu Salzbauer und Oßberger: Sie müssen wohl zusammen mit dem
damaligen Pfarrer Ferdinand Maria Gärtner als die „Motoren“ zum Bau der neuen
Orgel 1897 gesehen werden.
Offensichtlich war die Orgelsituation sehr unzufriedenstellend: Die
Pfarrchronik erzählt uns am 10. Juli. 1890: „Herr Oßberger, Organist,
kündigt an, dass ein Orgelbauer angekommen sei und diese günstige Gelegenheit
wäre zu benützen, wenigstens ein Register herrichten zu lassen. ... Unter dem
Speisen kommt der Orgelbauer selbst und erklärt, dass die Stimmung eines
einzelnen Registers zwecklos sei und dass er die Reparatur und Stimmung etc. um
circa 40 fl in drei bis vier Tagen vornehmen werde. Ist in Arbing – anlässlich
der bevorstehenden bischöflichen Inspektion – eine Orgelreparatur notwendig, so
kommt der Orgelbauer um 7 Tage später, sonst um 7 Tage früher, nämlich in 5
Tagen.“
Am 19. Juli. 1890 wurde vermerkt: „Der Orgelbauer Greifeneder aus
Steyr beendigt die mehrtägige Reparatur der Kirchenorgel und bekommt als Lohn
48 fl ö W ausbezahlt.“
Man versuchte also noch einmal eine Reparatur, gründet aber bereits im
Jänner 1891 einen Orgelfonds. Im März 1897 erklang dann eine neue Orgel von der
Firma Matthäus Mauracher’s Söhne – k. u. k. Hof-Orgelbau-Anstalt St. Florian.
Zu diesem Orgelbau sei auf den eigenen Artikel in dieser Festschrift verwiesen.
Damals wie heute war ein Orgelneubau eine Herausforderung. Ein solcher wäre
damals wie heute unmöglich gewesen, hätte es nicht an der Pfarrkirche eine
aktive Kirchenmusik gegeben.
Diese Zeit war geprägt von Johann Salzbauer und Julius Oßberger. Beide
waren als Organisten und Chorleiter tätig, beide waren auch Chormeister des
oben erwähnten Männerchores „Liedertafel Mauthausen“. Offensichtlich haben sie
die Männerstimmen auch für die Kirchenmusik gewinnen können: In einem Zeitungsartikel
anlässlich der Orgelkollaudierung heißt es: „Sehr angenehm berührten die
weichen und geschmeidigen Männerstimmen“
Exkurs:
Bruckner und Mauthausen
„1896. Am 14. Oktober widmete der Vorstand dem verstorbenen Professor
Dr. Anton Bruckner einen warmen Nachruf, und die Liedertafel entsendete als
ihre Vertreter beim Leichenbegängnisse am 15. October die Herren Johann
Salzbauer und Julius Oßberger. ... Am 9. December übersendete die Liedertafel
den Betrag von 5 Gulden als Beitrag zum Bruckner-Denkmal.“
Anton Bruckner hat sehr viele Stücke für Männerchöre
bzw. Liedertafeln komponiert und war selbst mehrere Jahre erster Chormeister
der Liedertafel „Frohsinn“ in Linz. In Bruckners Biographie scheinen einige
Termine von Sängerfesten (z. B. 1860 in Krems und Dresden) auf, an denen - wie
die eben zitierte Chronik berichtet - auch der MGV Liedertafel Mauthausen
teilgenommen hat. Gemeinsam mit Bruckners MGV Frohsinn gab es auch einen
Ausflug mit dem Schiff nach Grein. Gewiss
kam es hier auch zu einem musikalischen Austausch der Mauthausener
Kirchenmusiker mit dem großen Meister.
Salzbauer und Oßberger waren stets Neuem aufgeschlossen, was die
Neuankäufe von Noten belegen: Am 25. August 1891 schildert die Pfarrchronik: „H.
Organist Salzbauer bringt verschiedene Musikalien, von denen er mehrere zur
Anschaffung empfiehlt, um etwas neueres zu haben.“ Die Musikalien wurden
angekauft.
11. Juni 1895: „H. Oßberger, Organist, hat schon vor längerer Zeit
das Ansuchen gestellt, dem Mangel an Gradualien und Offertorien abzuhelfen, was
bereitwillig zugestanden wurde. Die bestellten Musikalien sind angekommen.
Selbe führen folgende Titel: Gradualia in Dominicis Adventus et Quadragesimae.
Die sämtlichen Gradualien für die Sonntage im Advent und in der Fasten für
vierstimmigen, gemischten Chor von Ludw. Hoffmann, J. G. Mettenleitner und Fz.
X. Witt. 1879. Regensburg, New York et Cincinatti. Ferd. Pustet – Offertorium
für das ganze Kirchenjahr. Franz Witt. Op. 15“ Die Noten befinden sich bis
heute im Musikarchiv der Pfarre.
Johann Salzbauer wird in der Pfarrchronik am 23. Februar 1903 das letzte
Mal erwähnt und zwar in einer Abschrift eines Fragebogens des bischöflichen
Ordinariates zur Situation des Organistendienstes. Er verstarb im Jahr 1917
Julius Oßberger geht im Jänner 1903 als Schulleiter nach St. Georgen a.
d. Gusen: „Die hiesige Schule erleidet dadurch einen sehr schweren Verlust.
Oßberger war ein sehr strebsamer u. fleißiger Lehrer und schöner Charakter. Er
erfreute sich der Liebe seiner Schüler und der Wertschätzung seitens der
Eltern.“ Die
Pfarrchronik berichtet von einer Abschiedsvisite beim Pfarrer am 21. Jänner
1903.
Mit den beiden geht die lange Reihe der „Lehrer-Organisten“ zu Ende. War
der Chor- bzw. Orgeldienst bisher Bestandteil der Lehreranstellung, so musste
man nun nach einer geeigneten Person für den Dienst auf der Empore Ausschau
halten.
20. Jahrhundert
Am 27. Mai. 1903 wurde in einem Inserat im Linzer Volksblatt und im
Correspondenzblatt „nach einem pensionierten Lehrer“ gesucht, der „geneigt
wäre, einen Chordienst zu übernehmen.“
Überraschend viele Organisten haben sich beworben. Herr Josef Hager wurde
schließlich angestellt.
In seinem Bewerbungsschreiben schreibt er: „... Teile Ihnen
hochwürdiger Herr Pfarrer auch mit, dass ich nicht auf ein großes Einkommen
sehe, sondern dem Drange meines Herzens folgend ein guter Organist sein will,
weil ich mit ganzer Seele der Kirchenmusik ergeben und auch an eine ganz einfache
Lebensweise gewöhnt bin.“ Er
berichtet, dass er als gelernter Instrumentenbauer auch die Orgel selbst warten
könne. Hager wurde angestellt. Er dürfte ein guter Musiker gewesen sein, der
aber seinen Dienst nicht immer genau genommen hat. Einerseits ist von seiner
Hand ein minutiös geführtes „Kirchenmusikalisches Wochenbuch“ erhalten, in dem
er mit Sorgfalt alle aufgeführten Werke zwischen 1907 und 1917 einträgt. Auch
berichtet das Linzer Volksblatt vom 7. April 1916 anlässlich des Begräbnisses
von Pfarrer Ferdinand Maria Gärtner: „... Der Sängerchor brachte unter der
Leitung des Herrn Organisten Hager das Requiem in d-Moll von J. Gruber zu guter
Aufführung.“. Andererseits berichtet die Pfarrchronik am 30. April 1911: „Nach
dem übereinstimmenden Urteile unserer Hauptgottesdienstteilnehmer ist die
Chormusik „unterm Hund“ gewesen. Hat sich öfter zugetragen.“
Ein konfliktreiches Dienstverhältnis endet mit der Dienstenthebung im
September 1925: „...Herr Hager hatte 23 Jahre den Organistendienst, bis auf
die letzten Jahre, in denen der Klagen über Unaufmerksamkeit, ungebührlichen
Betragens auf dem Chore etc. kein Ende war, zufriedenstellend besorgt.“ Seine
Frau Maria Hager setzte bis 15. 9. 1928 den Organistendienst fort.
Über die Zeit des 1. Weltkrieges ist noch etwas überliefert, was die
Mauthausener noch Jahrzehnte später begeistert erzählten. So erfahren wir – überliefert
vom Mesnerehepaar Franz und Amalia Pfenneberger -, dass im damaligen
Kriegsgefangenenlager Herr Dr. Alois Nicolussi, Augustiner Chorherr des Stiftes
St. Florian, Feldkurat war. Dr. Nicolussi war ausgezeichneter Kirchenmusiker.
Unter den Kriegsgefangenen befanden sich ausgezeichnete Sänger und Musiker aus
Italien, Mitglieder der „Mailänder Scala“. Mit ihnen führte der Augustiner
Chorherr wiederholt lateinische Messen in der Pfarrkirche auf, die von
außerordentlicher Qualität waren, sodass Menschen von nah und fern diese
Gottesdienste besuchten.
Nach 1928 folgte ein „Organisten-Interregnum“, der Organistendienst
wurde von verschiedenen Aushilfen bestritten. Am 5. Mai 1929 erfolgte die „Ausschreibung
der Organistenstelle: „für eine Person mit Pension, oder sonstigem Einkommen
als Nebeneinkommen...“ Der damalige Kapellmeister der Musikkapelle, Franz
Mayr, übernahm provisorisch bis 1. Oktober den Organistendienst. Auf die
Ausschreibung hin gab es einige Bewerbungen, unter anderem bewarb sich Rudolf
Jäger, ein ehem. Sängerknabe und Schmiedgehilfe, der als Geselle nach
Mauthausen zum Schmiedmeister Helm kam. Er wurde angestellt und übte sein Amt
als Organist und Chorleiter bis August 1939 aus. In dieser Zeit wirkt ein Herr
Alois Poppel als Chorleiter in der Kirchenmusik mit
Die Zeit des II. Weltkrieges war für die Kirchenmusik eine äußerst
schwierige Zeit. Repressalien gegen die Kirche im allgemeinen wirkten sich
natürlich auch auf die Kirchenmusik aus. So war es etwa den Lehrern, die überall
zu den Stützen der Kirchenmusik gehörten, verboten, sich in der Kirchenmusik zu
engagieren. Im August 1939 erzählt die Pfarrchronik: „Von Linz kommt eine
Kandidatin von den Ehrw. Kreuzschwestern – Anfängerin im Orgelspiel – welche aber Mitte Advent krankheitshalber wieder nach Linz
zurückkehrt. ... Bei den Segensmessen spielt nun Friederike Vogl,
Zahntechnikerstochter. – Schülerin der hies. Hauptschule.“ Für Erwachsene war es in dieser Zeit ja
nicht ganz ungefährlich ein kirchliches Amt zu bekleiden. Frau Friederike
Kastner (* 1925, geb. Vogl) spielt ohne Unterbrechung bis heute!
Ein Ereignis aus der Zeit des Kriegsendes erzählt uns Frau Kastner „Ich
war damals 19 Jahre alt, als aus dem Lager befreite Häftlinge in die Pfarre
kamen und einen Dankgottesdienst feiern wollten. Sie baten mich, die Orgel zu
spielen. Wir sangen verstärkt durch Sängerinnen des Kirchenchores die Missa
'Mater boni consilii' von Josef Gruber. Dieser Gottesdienst gehört zu den
tiefsten Eindrücken meiner über 50jährigen Tätigkeit als Organistin. Diese
ausgehungerten Menschen sangen aus dem Herzen. Es waren ausgezeichnete Musiker
dabei.“
Die Kirchenmusik ist während des II. Weltkrieges nie ganz zum Stillstand
gekommen. Josef Hietler leitete während des Krieges mit großer Mühe den kleinen
Chor. In dieser Zeit wurden Messkompositionen von Josef Gruber, Ignaz Reimann,
Franz Krenn, J. Güttler, Adalbert Rihovsky zur Aufführung gebracht.
Nach dem Kriege 1947 bekam Frau Kastner in der Person der Kreuzschwester
Wendeline Unterstützung im Organistendienst und Hauptschullehrer Oscar Spazek
übernahm den Kirchenchor. Mit der Kirchenmusik ging es also wieder bergauf.
Die Mühlviertler Nachrichten berichten am 9. Juli 1959: „Mauthausen –
nach 60 Jahren wieder eine Primiz ... Während des Primitzopfers sang der Kirchenchor
unter Leitung von Fachlehrer Spazek die „Spatzenmesse“ von Mozart. Dem
Kirchenchor von Mauthausen sei an dieser Stelle gedankt für die großartige
Darbietung dieser herrlichen Mozart-Messe“
In seine Zeit fällt auch die Liturgiereform des II. Vatikanischen
Konzils, welche die Kirchenmusik sehr stark verändert hat. So finden sich im
Repertoire des Kirchenchors in dieser Zeit vermehrt deutschsprachige Gesänge,
im Besonderen Kompositionen von Hermann und Josef Kronsteiner, die in dieser
Zeit der liturgischen und auch kirchenmusikalischen Erneuerung in der Diözese
Linz den Ton in der Kirchenmusik angegeben haben.
Diese Tradition wurde von 1967 – 1969 von Frau Anna Wagner,
welche aus Gmunden stammt weitergeführt. Unter ihrer Leitung wurden u. a. die
Choralmesse von Anton Bruckner, die Orgelsolomesse von W. A. Mozart, die Messe in D v. Anton
Faist, die Stille Nacht Messe v. Hermann Kronsteiner und die Missa in G von
Franz Schubert aufgeführt. Seit
den 50-er-Jahren engagiert sich Frau Wagner als Sängerin in der Kirchenmusik,
ab Herbst 1972 unterstützte sie Frau Friederike Kastner beim Orgeldienst.
Singkreis
Mauthausen
1969 übernahm der Hauptschullehrer Kurt Lettner den Kirchenchor. 1973 wurde
der Kirchenchor umbenannt in „Singkreis Mauthausen im OÖ Volksbildungswerk“.
Der Chor widmet sich nun auch dem weltlichen Liedgut, im Besonderen dem
österreichischen Volkslied, bleibt aber der Kirchenmusik weiterhin treu. An kirchenmusikalischen
Werken gelangten unter seiner Leitung zur Aufführung:
Missa in G von Antonio Caldara, Missa in C von Antonio
Lotti, Deutsche Messe von Franz Schubert, Missa matutina von Johann Joseph Fux,
Choralmesse von Anton Bruckner, Orgelsolomesse von Mozart, Missa Sancti Nicolai
von Joseph Haydn. Bei den klassischen Messen wirkten meist Musiker vom Ennser
Streichorchester und von der Marktmusik Mauthausen mit.
Auch sog. volkstümliche Messen wurden ins kirchenmusikalische Repertoire
aufgenommen: Deutsche Bauernmesse von Anette Thoma, Katschthaler Messe v. Hans
Pleschberger, Heiligenbluter Krippenmesse von Mittergradnegger und Fheodoroff,
Kärntner Bildstöcklmesse v. Mittergradnegger, St. Nikolaus Messe (Text: Leopold
Wandl, Musik: Alfred Hochedlinger).
Erwähnenswert ist auch das Mauthausener Weihnachtssingen, das Kurt
Lettner 1965 mit dem Hauptschulchor gegründet hat. Seit 1969 wird das Weihnachtssingen
vom Kirchenchor bzw. späteren Singkreis veranstaltet. Bis heute ist es aus der
Mauthausener Vorweihnachtszeit nicht wegzudenken.
1996 beendet Dir. Kurt Lettner nach 27 Jahren seine Chorleitertätigkeit.
Der Singkreis wird seither unter neuer Leitung weitergeführt.
Chor der Pfarre
Mauthausen musica viva
(ehem.
Jugendchor der Pfarre Mauthausen)
In den 70er Jahren begannen verschiedene Gruppen aus der Katholischen
Jugend Gottesdienste sog. „rhythmischen“ Liedern zu gestalten. Man nannte diese
Gottesdienste „Rhythmusmessen“ aus dieser Tradition heraus entstand der
Jugendchor der Pfarre Mauthausen. Er wurde 1981 von Alfred Hochedlinger
gegründet und wird seither von ihm geleitet. Die erste Zusammenkunft fand am 6.
Jänner 1981 im Pfarrsaal statt. Bei diesem Singnachmittag wurden die neuesten
geistlichen Lieder geprobt um damit in der Folge Gottesdienste musikalisch zu
gestalten.
Zu Anfang waren es noch sehr einfache Gesänge mit Gitarrenbegleitung.
Bald jedoch entstand im Jugendchor die Neugierde auf anspruchsvollere, lateinische
Kirchenmusik. Die ersten lateinischen Messen waren die Sonntagsmesse in G op.
73 von J. Güttler und die Pastoralmesse in C op. 110 von Ignaz Reimann, welche
aus dem alten Musikarchiv (aus der Zeit der Organisten Hager und Jäger)
aufgestöbert wurden. Aufgeführt wurden sie mit einigen „ausgeliehenen“
auswärtigen Geigern. Der Eifer im Chor wuchs, sodass man sich nach und nach
auch an die Messkompositionen der großen Meister heranwagte. Der Stefanitag
kristallisierte sich im Laufe der Jahre zum „Fest der Kirchenmusik“ heraus. Im
Orchester wirken seither ausgezeichnete Musiker vom Linzer Domorchester, sowie
der Marktmusikkapelle mit. Am Anfang unterstützte den jungen Chor die
langjährige treue Organistin Frau Friederike Kastner als Begleiterin. Auch die
Früchte der Arbeit von Frau Anna Wagner sind in diesen Chor eingegangen, war
sie doch durch Jahrzehnte, in Zeiten, da es noch keine Musikschulen gab, als
engagierte Musiklehrerin tätig. Viele Sängerinnen und Sänger haben bei ihr ihre
erste musikalische Ausbildung erhalten.
Mit der Eröffnung der Landesmusikschule St. Georgen/Mauthausen gibt es
neue Impulse: Auf Initiative von Alfred Hochedlinger wird in der Musikschule
seit 1989 Gesangsunterricht angeboten, den viele Chormitglieder besuchen. Seit
1992 entsteht in Zusammenarbeit mit der Landesmusikschule ein eigenes
Streichorchester, sodass mittlerweile eine Streicherbesetzung von 6 – 8
Violinen und Kontrabass für die Kirchenmusik zur Verfügung stehen.
Ein Hauptanliegen ist und bleibt von Anfang an die Pflege der Neuen
Geistlichen Lieder, Gospels und Spirituals bzw. der zeitgenössischen Kirchenmusik.
Ein Instrumentalensemble großteils aus eigenen Reihen steht ständig zur
Verfügung. Besonders hervorzuheben ist Peter Aichinger als treuer Klavier- und
Orgelbegleiter. Seit 1992 ist der Chor ein eingetragener Verein und Mitglied
des Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerbundes. Im Jahr 1996 benennt sich
der Chor in „Chor der Pfarre Mauthausen musica viva“ um.
Jugendsinggruppe
Im Herbst
1992 gründete Alfred Hochedlinger einen Nachwuchschor, die Jugendsinggruppe.
Sie wurde von Verena Lindtner bis 1998 geleitet.
Kirchenmusik
heute
Organistendienst
Den Organistendienst übernimmt ab 1980 Alfred Hochedlinger
(Religionslehrer, * 1963) und ab 1987 Peter Aichinger (Orgelbauer, * 1969).
Frau Kastner und Frau Wagner sind bis heute bereit zum gelegentlichen Einsatz,
sodass wir in Mauthausen in der glücklichen Lage sind, 4 aktive Organisten zu haben.
So gibt es kaum keinen Gottesdienst ohne Orgelmusik.
Chor der Pfarre
Mauthausen musica viva
W. A. Mozart: Missa brevis in G (KV 49), Missa brevis in C
(KV 220 - Spatzenmesse), Missa brevis in G (KV140 - Pastoralmesse), Missa
brevis in C (KV 317 - Krönungsmesse), Missa brevis in F (KV 192 - Kleine
Credomesse), Missa brevis in D (KV 194), Franz Schubert: Messe in C (D 452),
Messe in B (D 324), Messe in G (D 167), sowie Messen von Charles Gounod, Joseph
Friedrich Hummel, Adalbert Rihovsky, Franz Xaver Gruber, Ignaz Reimann, Karl
Kempter u. a.
Zeitgenössische Messkompositionen: Messe in F und Gemeindemesse (Gerhard
Schacherl), Proprium cum Laudibus (Peter Planyavsky), Misa criolla (Ariel
Ramírez), Deutsche Messe in F und Deutsche Messe Nr. 2 (Alfred Hochedlinger)
Neben der kirchenmusikalischen Tätigkeit ist der Chor auch konzertant
tätig. Konzerte mit Gospels und Spirituals, Neuen Geistlichen Liedern, aber
auch Musicalmelodien und Filmmusik wurden zu großen Erfolgen auch außerhalb von
Mauthausen. Der Chor kann auch auf einige Auslandsreisen zurückblicken (Polen,
Deutschland, Italien). Außerdem verfügt er über ein reichhaltiges Angebot an
Tonträgern.
Sängerfamilie
Derntl
Eine große Bereicherung stellt das Mitwirken der Sängerfamilie Derntl in
der Kirchenmusik dar. Wolfram Igor Derntl (Tenor) ist internationaler Sänger,
derzeit am Burgtheater und am Schauspielhaus Wien. Er sammelte seine ersten
Sänger-Erfahrungen als Mitglied des Chores der Pfarre. Seine Frau, Doris
Derntl-Lang, Ensemblemitglied des Stadttheaters St. Pölten, bereichert die
Kirchenmusik als Sopransolistin. Vater Konrad Derntl, Sänger am Landestheater
Linz, ist schon seit frühester Jugend in der Mauthausener Kirchenmusik aktiv.
Er steht der Kirchenmusik als treuer Bass-Solist zur Verfügung.
Singkreis
Mauthausen
Seit 1996 wird der Singkreis Mauthausen von Gerda Metzbauer geleitet.
Sie dirigiert den Chor bei den Jubelhochzeiten und zu Fronleichnam, sowie bei
allen weltlichen Auftritten. Das Weihnachtssingen wird seit 1996 unter dem
Titel Adventsingen von ihr weitergeführt. Der Chor beschäftigt sich besonders
mit Volksliedern, aber auch mit weltlicher Chorliteratur aller Art von
Madrigalen bis Strauß-Walzern.
Seit 1997 ist der Singkreis ein eingetragener Verein und Mitglied des
Oberösterreichisch-salzburgischen Sängerbundes. Die Teilnahme an Sängertreffen
bereichert die Chorgemeinschaft.
Die Kirchenmusik zum Weihnachtshochamt, zum Dreikönigstag und zum
Osterhochamt wird von Alfred Hochedlinger einstudiert und geleitet. Unter seiner
Leitung kamen in den letzten Jahren folgende Messkompositionen zur Aufführung:
Missa in G von Antonio Caldara, Missa in C und Missa sexti
toni (in F) von Johann Ernst Eberlin, Deutsche Messe von Franz Schubert, Missa
tertia von Lajos Bardos, Pastoralmesse in F von Ignaz Reimann, Weihnachtsmesse
„Ein Leuchten lag über der Welt“ und St. Nikolaus Messe (Text: Leopold Wandl /
Musik: Alfred Hochedlinger).
Marktmusik
Mauthausen
Besonders hervorzuheben ist auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit, die
sich mit der Marktmusik Mauthausen entwickelt hat. Die ausgesprochen
kirchenmusikfreundliche Stimmung in der Musikkapelle wird auch am starken
Engagement für die neue Orgel sichtbar. So kommt es immer wieder zur Mitwirkung
von Musikerinnen und Musikern in der Kirchenmusik.
Begräbnischor
Gotteslob-Anhang
In der Pfarre wird auch der Gemeindegesang großgeschrieben. Um dem
Mangel an zeitgemäßeren Liedern und den thematischen Lücken im Gesangbuch
Gotteslob zu begegnen wurde 1998 ein „Anhang der Pfarre Mauthausen“
herausgebracht. Er enthält vor allem Neue Geistliche Lieder und wird allgemein
gut angenommen.
400 Jahre Kirchenmusik
In den fast 400 Jahren, die hier beschrieben wurden, hat sich viel
geändert und gewandelt. Eines ist aber durchgehend spürbar: In der Pfarre
Mauthausen gab es immer eine große Liebe zur Kirchenmusik. Mit ganz wenigen
Ausnahmen war es um die Kirchenmusik in der Pfarrkirche St. Nikolaus immer sehr
gut bestellt. Man darf angesichts der gegenwärtigen Situation auch getrost in
eine gute Zukunft blicken. Die neue Orgel ist gewiss die Krönung dieser langen
Geschichte, sowie sichtbares und hörbares Zeichen der Wertschätzung der
Mauthausner für gute Musik in ihrer Kirche.
Alfred Hochedlinger