Die Mauracher-Orgel (1897 – 2000)
aus der Pfarrchronik der Pfarre Mauthausen - Band I - VI

Vor gut 100 Jahren begab man sich in ein ähnliches Abenteuer: Den Bau einer neuen Orgel. Die alte Orgel von Franz Frosch (erbaut 1710) hatte ausgedient und es wuchs der Wunsch nach einem neuen Instrument.
Am 14. Jänner 1891 wurde ein Orgelfonds eingerichtet und am 18. Oktober bringt „der H. Cooperator bei der Predigt die Orgelangelegenheit zur Sprache.“

25. März 1892. „Nach dem Segen mit den zwei Zechpröpsten und H. Cooperator eine Besprechung in Betreff der neuen Orgel. Resultat: zuerst einen Orgelbauer herrufen, der sein Gutachten abzugeben hat. Am Ostersonntage wird nach vorangegangener Verständigung der beiden Gemeindevorstehungen, die Sammlung für die Osterwoche verkündet und vorgenommen.“
Auftrag an die Firma Matthäus Mauracher’s Söhne

10. April 1892. „Der Orgelbauer Josef Mauracher von Hohenbrunn erscheint hier und nimmt den Augenschein vor. Beteiligt an der ganzen Angelegenheit haben sich mehrere Herren: Gehmacher Franz (Sparkasse) Salzbauer, Schulleiter als Organist, die 2 Geistlichen, die 2 Kirchenväter, der Zimmermeister Katzengruber. Voranschlag von Seiten des Orgelbauers: 2400 fl 12 Register.“

17. April 1892. „ ... Bei der Predigt die Verkündigung betreffend die Sammlung für die neue Orgel.“

20. April 1892. „H. Cooperator macht mit dem Kirchenvater Haider “die erste Orgelfahrt“, die 65 fl 30 x einträgt“

22. November 1892. „Herr Gehmacher, Sparkassenbeamter, zugleich Sachverständiger der Sparkasse bei der Orgelbeschaffung bringt die ihm überlassenen Orgelbaupläne und Voranschläge zurück und äußert seine Meinung, die über den Orgelkasten keineswegs günstig lautet. Eine Vorstellung an den Orgelbauer, eine Verbesserung vorzunehmen und dem Kasten ein gefälligeres Aussehen zu geben scheint geraten. Auch die Angabe des Maßstabes wird vermisst.“

1. Jänner 1893. „Bekanntgabe des bisherigen Gesamtergebnisses für die Orgel: 1471 fl – allen Spendern wird gedankt“
30. Juli 1895. „Kapital + Zinsen für die Orgel bereits 1862 fl. 8x“

Die Orgel wurde im wesentlichen finanziert durch eine Subvention von insgesamt 800 fl. (1/3 der Gesamtsumme) durch die Gemeindesparkasse und Spenden der Pfarrbevölkerung. Darüber wurde in der Pfarrchronik sehr genau Buch geführt. Einen großen Anteil machten die Spenden anstatt von Kränzen und Blumen bei Begräbnissen aus. Am 17. Juli 1895 gab es sogar eine Tarockpartie deren Erlös dem Pfarrvikar „zur Orgel“ gespendet wurde.

Die neue Orgel kommt

21. Februar 1897. Der Pfarrvikar „... verkündet dass die neue Orgel ankommen werde. .... Der Orgelbauer schreibt, dass ihm der Dienstag als der geeigneteste Tag zum Abfahren erschiene. Im Zuge dessen wird der Spediteur davon verständigt.“

23. Februar 1897. „... Ca. 6 Uhr sind die Wägen mit der Orgel angekommen, hochbepackt mit Kisten unter der Aufsicht des Werkleiters Johann Bauer. Abpackung gleich vorgenommen.“

24. Februar 1997. „Die Demolierung der alten Orgel nimmt den Anfang, nachmittags wird mit der Aufstellung des neuen Gehäuses begonnen. Die Trümmer der alten Orgel werden nach erhaltener Erlaubnis des Marktkämmerers H. Karl Reif in der Barbarakapelle untergebracht, soweit Platz ist. Um des anderen Tages eine Segenmesse, wie verkündet worden, halten zu können, wird das Harmonium des Pfarrvikares in die Kirche gebracht.“

25. Februar 1897. „Segenmesse mit Harmoniumbegleitung und Gesang. Tasten sind stecken geblieben, was den H. Oßberger veranlasste, den Orgelaufsteller um seine Hilfe anzurufen, die auch geleistet wurde.“
27. Februar 1897. „ ... Die zwei „Orgelaufsteller“ gehen über Sonntag nach Hause. Zu deren Lob muß bemerkt werden, dass sie sehr fleißig waren. Über Wunsch des Werkleiters Bauer wird der Zugang zum Chor, auf welchem verschiedene Orgelpfeifen herumliegen, vollkommen abgesperrt, sodaß es unmöglich ist, auf denselben zu gelangen. Dieses Verrammlungswerk hat der Meßnerssohn so vollkommen ausgeführt, dass er Leitern benützen musste, um herabzukommen. An den zwei Kirchentüren wurden Zettel befestigt, die besagten, dass für diesen Tag der Zugang zu den Sitzen unmöglich sei.“

5. März 1897. „Nachmittag geht der Pfarrvikar nach Ried, um sich bei dem H. Dechant zu erkundigen, wann es demselben angenehm sei, die Weihe der neuen Orgel vorzunehmen. Doch ist beschieden worden, dass die Benediktion einer Orgel jedweder Priester vornehmen könne. Das Fazit der Beratung war, dass der Pfarrvikar Gärtner am nächsten Sonntage i. e. 7. März um 8 Uhr die Orgel benedizieren werde.“
6. März 1897. „Die Aufstellung und das Stimmen der Orgel wird mit heutigen Nachmittage beendet. Der Orgelbauer reist nach St. Florian zurück. Im Oratorium der Marktbürger wird gearbeitet. Der Werkführer bleibt zurück um bei allfälligen Gebrechen nachhelfen zu können.“
Orgelweihe

7. März 1897. „Um 8 Uhr ist die Orgelweihe durch den Pfarrvikar, der beim Altare die Gebete verrichtet ... den Psalm zweimal rezitiert, dann ... mit zwei leuchtentragenden Ministranten auf den Chor steigt und eine aspersio und incensatio vornimmt und darauf in die Sakristei zurückkehrt. Beim Hauptgottesdienst wird die Orgel schon benützt.“

Orgelcollaudierung

14. März 1897. „Vor dem Segen kommen die HH Gruber, Stiftsorganist und Orgelbauer Mauracher. ... Nach Quartemberandacht (?) beginnt die Orgelprobe ... Zur Jause im Pfarrhofe waren geladen: beide HH von St. Florian, beide H. Organisten von hier, beide Kirchenväter. Vor Beginn der Jause wurde dem H. Orgelbauer vor der ganzen Gesellschaft die restlichen 1310 fl ö W ausbezahlt. H. Mauracher gibt für alte Orgelpfeifen 10 fl retour.“

23. März 1897. „Die „Orgelcollaudierung“ betreffend findet sich ein längerer Aufsatz vom Stiftsorganisten J. Gruber im Linzer Volksblatte Nr. 67 vom 23. März 1897. 29. Jahrgang.“

Orgelcollaudierung – Über speciellen Wunsch des hochw. Herrn Pfarrer F. M. Gärtner wurde dem Gefertigten die ehrenvolle Aufgabe zuteil, die vom H. Jos. Mauracher, k. u. k. Hoforgelbauer in St. Florian für die Pfarrkirche in Mauthausen neu erbaute Orgel zu überprüfen. Die am 14. d. M. vorgenommene Überprüfung ergab, daß bei dieser Orgel alle Bedingungen einer guten Orgel sowohl im wesentlichen als auch im einzelnen zutreffen. Um kurz zu sein, sei nur mehr erwähnt, daß die Orgel 12 klingende Stimmen enthält, welche auf zwei Manuale und das Pedal entfallen. Zu den Mechanikzügen zählen 3 Koppeln und drei sehr praktisch angebrachte, sich gegenseitig auslösende Collectivtritte. Die Windladen sind nach dem h. Wissen (mit freihängenden Ventilen) erbaut. Das Gebläse besteht aus einem sogenannten Scherenmagazinbalg mit ein- und auswärtsgehenden Falten. Der Spieltisch ist sauber und elegant gearbeitet, dasselbe gilt auch vom Gehäuse. Nach dem nachmittägigen Gottesdienste wurde die Orgel vom Gefertigten den zahlreich erschienenen Zuhörern vorgeführt und es gelangten dann vom strebsamen Kirchenchore unter der Leitung des H. Schulleiters i. P. Hanns Salzbauer 3 Nummern des 42. Psalm von Mendelsohn, mit Begleitung der Streichinstrumente und der Orgel zur gelungenen Aufführung. Das Sopran-Solo hatte Frl. Salzbauer übernommen und führte ihren Part mit großer Treffsicherheit und gut ausgestatteten Stimmmitteln erfolgreich zu ende. Sehr angenehm berührten die weichen und geschmeidigen Männerstimmen. Den Schluß dieser schönen kirchlichen Feier bildete ein Postludium mit vollem Werke, bei welchem auf Wunsch mehrerer Herren das „Gott erhalte“ als Thema benützt wurde. Bei dem darauffolgenden fröhlichen Mahle, zu welchem unter anderen auch die beiden Herren Chorregenten Salzbauer und Lehrer Oßberger in den gastlichen Pfarrhof geladen wurden, fehlte es nicht an schwungvollen Toasten und heiteren Intermezzos.  J. Gruber

Reparaturen

Zwischen 1898 und 1911 sind auffällig viele Orgelreparaturen verzeichnet, so z. B.:

28. Februar 1898 „Weil die Orgel nicht gut thut und zwar schon seit längerer Zeit, hat H Salzbauer angesucht, den Orgelbauer zu verständigen und ihn einzuladen, einmal zu kommen und nachzuschauen.“

5. November 1898 „Herr Oßberger, Lehrer und Organist, sieht sich genötigt, beim Pfarrvikar die in Verwahrung befindlichen Schlüssel zu der Orgel zu holen, weil schon wieder „einige pfeifen“

9. Mai 1911. „Aus St. Florian, der Orgelbauwerkstätte Mauracher, sind 3 dort beschäftigte herübergewandert und haben sich im Schloße Pragstein einquartiert und wollen eine eigene Orgelbauanstalt errichten.“

Während des ersten Weltkrieges mussten die meisten Pfarren Zinnpfeifen für Kriegszwecke abliefern, so mussten auch Orgelpfeifen aus der Mauthausener Orgel dran glauben:

19. Dezember 1917 „Orgelpfeifen – Principal 25 Pfeifen 43 ½ Kilo Zinn – ausgebaut und abgeliefert durch Firma Matth. Mauracher“
1933. Orgel-Reparatur durch die Firma Mauracher. Die fehlenden Pfeifen werden durch minderwertige Zinkpfeifen ersetzt.
24. 5. – 5. 6. 1945 Orgelreparatur: „Ein Flüchtling aus Pressburg namens Markusich, Orgelbauer, repariert zur vollsten Zufriedenheit unsere Orgel. Er wurde fertig innerhalb 12 Tagen, vom 24. 5. – 5. 6. 1945. Preis 360 R. H. und Kost.
1950. „Orgelbauer Steininger aus Obertrattnach besichtigte am 7. 9. unsere Orgel, zwecks Einbau eines elektr. Gebläses. ... Orgelbauer Johann Steininger, Obertrattnach 2.093 S. Elektriker Kühas 2.448 S“

In der Folge wird die Orgel bis zur Renovierung 1991 von der Firma Windtner aus St. Florian gewartet und mehrmals repariert.

Renovierung

Seit Anfang der 80er Jahre flammt immer wieder der Wunsch auf, dass mit der Orgel etwas geschehen muss. 1989 gab es bereits einmal einen Beschluss für eine neue Orgel. Aufgrund einer Empfehlung des Denkmalamtes, die Orgel zu erhalten, und wohl auch, weil für eine neue Orgel eine so große Geldsumme aufgebracht werden muss, kam es zu einer neuerlichen Instandsetzung durch die Firma Hartig im Jahr 1991. Im Rahmen dieser Reparatur wurden die minderwertigen Zink-Prospektpfeifen wieder durch Zinnpfeifen ersetzt und das Gehäuse neu gefasst und vergoldet. Überdies wurde ein zusätzliches Register (Prinzipal 2’) ins Hauptwerk eingebaut. Die Orgel sah dadurch nach außen hin wie neu aus. Doch die Störanfälligkeiten im Inneren der Orgel machten sich bald wieder bemerkbar. Der starke Wunsch nach einer neuen Orgel flammte wieder auf.

Dass die Orgel immer noch irgendwie funktionierte, ist vor allem Herrn Peter Aichinger zu danken, der ständig in oft mühsamer und zeitraubender Arbeit die auftretenden Mängel beseitigte.

Letztes Spiel

Die Mauracher-Orgel erklang zum letzten Mal bei den Gottesdiensten am 9. Juli 2000. Bei der Frühmesse spielte Peter Aichinger, im Amt Alfred Hochedlinger. Mit dem „Perger Präludium“ von Anton Bruckner erklang die Orgel zum letzten Mal in der Mauthausener Kirche.

In der darauffolgenden Woche wurde die Orgel sorgfältig abgebaut und am Freitag, den 14. Juli nach Druskininkai/Litauen transportiert, wo sie in der neugotischen Marienkirche eine neue Heimat gefunden hat.

Alfred Hochedlinger

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